Muh oder Mäh!

Geht es um Marketing, geht es um Zielgruppen. Auch und gerade Rechts­anwälte sollten sich das vor Augen führen, wenn Sie im Marketing Erfolg haben wollen. Und dieser Fakt hat gravierende Aus­wirkungen auf die Strukturierung – eigentlich aller – Marketing­maßnahmen.

Denn Marketing­maßnahmen, die nach Rechts­gebieten kategorisiert werden, sind zwar mit der juristischen Brille betrachtet korrekt strukturiert. Sie spiegeln aber oft nicht die Lebens­realität und den Beratungs­bedarf von potenziellen Mandanten wider.

Mandanten und ihre Probleme

Wer einen Anwalt braucht, hat in der Regel ein recht konkretes Problem, bei dessen Lösung er professionelle Hilfe benötigt. Allerdings kann Beratungs­bedarf auch innerhalb eines Rechts­gebietes sehr unterschiedlich sein, vor allem bei sehr inhomogenen Zielgruppen innerhalb eines Rechts­gebietes, also z. B. im Erbrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht, aber z. B. auch im Medizin­recht oder dem Presserecht. Personen, die einen Anwalt in einem dieser Rechtsbereiche suchen, können sehr unter­schied­liche Probleme haben – als Mieter oder Vermieter, Patient oder Arzt, Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Nicht selten gesellt sich in den genannten Bereichen außerdem noch etwas hinzu: eine leiden­schaft­liche Wut auf die „Gegenseite“. Arbeitnehmer, denen gekündigt wurde, sind nicht gut auf Arbeitgeber zu sprechen – Patienten, an denen ein Arzt gepfuscht hat, nicht gut auf Ärzte, Mieter nach einer Luxus­sanierung-Kündigung nicht unbedingt auf Vermieter.

Und man ahnt es: das macht Probleme im Marketing. Zielgruppen innerhalb eines – aus juristischer Sicht – homogenen Rechtsgebiets, treffsicher anzusprechen ohne gefühlt der anderen Hälfte der Zielgruppe auf den Schlips zu treten, ist nicht ganz einfach. Denn in solchen Konstellationen kann und wird man überspitzt gesagt nicht schreiben: „Wenn Ihr Arzt gepfuscht hat, hauen wir ihn dafür so richtig in die Pfanne und lassen ihn finanziell bluten“. Denn kommuniziert man klar, dass man mit aller Vehemenz Patienteninteressen vertritt – glauben Sie wirklich ein Arzt würde Ihnen noch abnehmen, dass Sie mit demselben Impetus gegen Patienten vorgehen? Eher nicht…

Nicht alles in einen Topf werfen

Die Lösung für dieses Problem ist dabei eigentlich einfach: Entscheiden Sie sich, nur einer „Seite“ zur Verfügung zu stehen, entweder für Patienten ODER Ärzte, für Vermieter ODER Mieter, für die Boulevard­presse ODER ihre „Opfer“.

Mir ist bewusst: Das muss man sich leisten können im wahrsten Sinne des Wortes. Immerhin schlägt man bei einer klaren Fokussierung auf die eine oder andere Seite gefühlt 50% der potenziellen Mandanten die Tür vor der Nase zu, wenn man sagt: Wir sind eine Kanzlei für Arbeitnehmer oder: Wir sind eine Kanzlei nur für Arbeitgeber.

Entscheiden Sie sich also wenn möglich auch innerhalb eines Rechtsgebietes für eine Zielgruppe, auch innerhalb einer Rechtsgebiets­zielgruppe sollte es kein Muh und Mäh, sondern Muh ODER Mäh geben. Das macht nicht nur die Kommunikation einfacher und macht Sie in der Wahrnehmung Ihrer potenziellen Mandanten zum Experten. Es macht Sie aus dem Blick­winkel der jeweiligen Zielgruppe vor allem glaubwürdig. Und das ist m. E. gerade in den emotional oftmals aufgeladenen Rechtsgebieten Mietrecht, Arbeitsrecht und Medizinrecht enorm wichtig.

Kommunizieren Sie klar

Können Sie sich nicht für die eine oder die andere Seite innerhalb halb einer ambivalenten Zielgruppe entscheiden, entscheiden Sie sich wenigstens für eine klare Ansprache der jeweiligen Zielgruppen. Denn innerhalb dieser gefühlt etwas schizophrenen Rechts­gebiete sollte man die „Zielgruppen in der Zielgruppe“ klar getrennt voneinander ansprechen, wenn man beiden Seiten als Anwalt zur Verfügung steht.

Wie das gelingt? Sie strukturieren zunächst Ihre Website nicht klassisch nach Rechts­gebieten, sondern z. B. nach Privat­personen und Unter­nehmen. Das ermöglicht in den jeweiligen Unter­kategorien eine gezielte Ansprache, die erkennen lässt, dass man die Trigger­punkte der Zielgruppe kennt. Rein textlich, aber auch logisch führt das zu klarer Kommunikation und vermeidet unschönes Text-Wischiwaschi, bei dem man ständig darauf achten muss, dass man alle anspricht und zugleich niemandem „auf der anderen Seite“ auf den Schlips tritt.

Dieses Prinzip der klaren Ansprache setzen Sie dann fort: Sie nutzen gezielte Google Ads Anzeigen, die sich an die eine oder andere Zielgruppe in der Zielgruppe richten, sie haben unter­schied­liche kleine Broschüren für die einen und die anderen etc..

Das ist mehr Aufwand zugegeben. Es wird sich aber mittel­fristig auszahlen.

Klare Kommunikation, klare Strategie – oder umgekehrt?

Immer wieder haben wir erlebt, dass sich Kanzleien erst in einem Marketing-Projekt wirklich Gedanken über ihre Zielgruppe(n) gemacht haben. Besonders schön ist es, wenn wir dann miterleben wenn eine Kanzlei eine Bauchladen-Strategie ablegt und sich klar für und klar gegen etwas entscheidet.

Denn das birgt das Potenzial, klar kommunizieren zu können, wer man ist und wen man als Mandanten will. Spricht man die richtigen Mandanten an, kommen diese auch zu Ihnen. So sorgen klare Entscheidungen letztlich zu besserem, zufriedenerem und erfolg­reicherem Arbeiten.

Bild: Dudarev Mikhail – fotolia.com